Bildung für nachhaltige Entwicklung? "Das müssen wir leben!"
Virtuelles Wasser, Stare und Brotdosen aus Bambus – was haben diese Dinge gemeinsam? Ganz einfach: Es sind wunderbare Themen, um sie im Rahmen von Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) in Kitas zu thematisieren. Beim Fachtag "Tür auf! Mein Einstieg in Bildung für nachhaltige Entwicklung – mit Kindern gemeinsam Zukunft gestalten" der Handwerkskammer Dresden tauschten sich Kitaleitungen darüber aus, wie BNE in der Praxis gelingen kann.

Eine von ihnen war Annette Pfauder, Leiterin der Kita AbenteuerWelt aus Berlin. Seit einem Jahr setzt sie BNE gemeinsam mit ihrem Team in ihrer Einrichtung um. Ihre bisherigen Erfahrungen teilte sie mit den anderen Kitaleitungen auf dem Fachtag. "Es gibt eine zentrale Erkenntnis, was die BNE betrifft und die lautetet: 'Mein Handeln hat Konsequenzen, ich kann etwas tun, um die Welt zu verbessern.'"
Annette Pfauder wusste: Sie kann etwas tun. Und sie wollte etwas tun. Der nächste Schritt war, einen Blick auf die Kita in Bezug auf BNE zu werfen: Was machen wir denn schon? „Wir waren überrascht zu sehen, dass wir Bildung für nachhaltige Entwicklung schon in einigen Bereichen, zum Beispiel beim Recycling oder bei der Gartengestaltung, ganz gut umsetzen.“ Das machte allen Beteiligten Mut und Lust darauf, den Weg weiter zu verfolgen.

Was Annette Pfauder in ihrer Kita in der Praxis schon erprobt hatte, diskutierten die Kitaleitungen mit Fachberaterinnen und Fachberatern bei der Veranstaltung ausführlich. Kitas können BNE in der Praxis auf viele Arten angehen. Schließlich ist BNE kein separates Themenfeld, sondern zieht sich durch viele Bereiche der pädagogischen Arbeit: Im Garten entdecken Kinder, wie sie ihn insektenfreundlich gestalten können, sie bauen ihr eigenes regionales Gemüse an oder verfolgen, wie organischer Abfall kompostiert. Spielzeug und digitale Medien laden zur Beschäftigung mit "Konsum" ein. Und schon das tägliche Mittagessen eröffnet Anlässe, sich mit Ernährung, Produktion von Lebensmitteln, Transport und Recycling zu beschäftigen.
Doch bei der konkreten Umsetzung von BNE ist immer auch die Leitung der Einrichtung gefragt:
- Welche Rahmenbedingungen können wir setzen?
- Wo steht die Kita und welche Wege können wir beschreiten, um die Einrichtung nachhaltiger zu gestalten?
- Was passt zu unserem Team?
- Und wie können wir Eltern oder Kooperationspartner gut einbinden?
Ein Aha-Erlebnis: der virtuelle Wasserverbrauch
Für ein Aha-Erlebnis sorgte das "virtuelle Wasser": Die Kitaleitungen stellten ein Frühstück zusammen und errechneten den virtuellen Wasserverbrauch. Dabei betrachteten sie nicht nur das Wasser für den Abwasch und das Händewaschen, sondern auch die Wassermenge, die beispielsweise bei der Herstellung und beim Transport von Lebensmitteln benötigt wird. Damit verbraucht selbst im Wassersparland Deutschland jede Person durchschnittlich mehr als 5.000 Liter täglich.
"Da wird Wasser sofort als kostbares Gut wahrgenommen. Und an konkreten Beispielen ist dieses Thema auch für die Kinder schon gut greifbar", sagte eine der Teilnehmerinnen des Fachtags. Danach können alle gemeinsam überlegen: Wie wollen wir damit in Zukunft umgehen? Wollen wir Wasser sparen? Wann und auf welche Art kann uns das in der Kita gelingen?
Praxisbeispiel: Der Star im Kita-Garten
Kerstin Titzler, „Haus der kleinen Forscher“-Trainerin bei der Handwerkskammer Dresden, berichtete von einem weiteren Projekt: "Ausgangspunkt war die Frage 'Was machen Vögel eigentlich im Winter?' Überraschend für uns alle war, dass der Vogel Star gar kein 'Allerweltsvogel' mehr ist, sondern zu den gefährdeten Arten gehört."
Denn Staren fehlen passenden Brutmöglichkeiten und ein ausreichendes Nahrungsangebot.
„ Ich kann etwas tun, um die Welt zu verbessern. “
Die Kinder fanden heraus, dass wir Menschen einen bedeutenden Einfluss auf diese Faktoren haben. Ihnen gelang der Perspektivwechsel: Insekten, die wir Menschen vielleicht als störend und eklig empfinden, sind eine wichtige Nahrungsgrundlage für Vögel.
Und wir können unsere Landschaft – und in der Kita den Garten – entsprechend gestalten. "Die Mädchen und Jungen merkten, dass sie selbst etwas tun können, um die Umwelt zu schützen und zu erhalten", so Kerstin Titzler.
Ganz wichtig: Die Eltern einbeziehen
In der Diskussion wurde auch deutlich, dass BNE als Bildungsthema erst im Team wachsen muss. Spielzeug reduzieren, Mülltrennung thematisieren, nur noch regionales Essen anbieten – es gibt unterschiedliche Einstellungen zu möglichen Schwerpunkten und zur Umsetzung. Das Team muss sich damit auseinandersetzen und einen gemeinsamen Umgang damit erarbeiten.
Zudem ist es wichtig, die Eltern nicht zu vergessen. Dieser Erfahrung machte auch Annette Pfauder in ihrer Kita. Um Verpackungsmüll bei Ausflügen zu vermeiden, bekam jedes Kind eine Brotdose aus Bambusfasern und Mais. Aber wenn die Eltern der Kinder diese Umstellung nicht wahrnehmen oder nicht mittragen und die Kinder ihr Verpflegungspaket weiter in Alufolie mitbringen, gelingt die Veränderung nicht. Die Eltern im Prozess mitzunehmen ist daher ein entscheidender Schritt bei der Umsetzung von BNE.
In der Kita AbenteuerWelt sind die Dosen mittlerweile etabliert und werden rege genutzt – und für das Jahr 2019 steht das große Thema "Konsum" auf dem Programm.
Das Fazit des Fachtages: "BNE? Das müssen wir leben!"
Das Fortbildungsprogramm des Netzwerks
Seit Juli 2009 ist die Handwerkskammer Dresden aktiver Kooperationspartner der Stiftung "Haus der kleinen Forscher".